Am Tag nach der Wanderung stand die Fahrt nach La Paz
an…höchste Millionen- und Hauptstadt von Bolivien…was hatten wir nicht alles
schon an Horrorgeschichten gehört: da wird man am helllichten Tag auf offener
Straße wegen Centbeträgen erschossen…kleine Kinder frisst man da und
gelegentlich hat man schon Hitler und Mussolini zusammen mit Stalin dort Urlaub
machen sehn…
Aber erstmal mussten wir hinkommen um uns selbst ein Bild
davon zu machen… und wie sollte es anders sein: wir fuhren mit dem Bus… auch bei dieser Überlandfahrt sahen wir
wieder unendlich viele backsteinrote Rohbauten, semifertige Häuser mit
Potenzial für weitere Stockwerke (um es mal euphemistisch auszudrücken) und im
Grunde recht viel Müll… auch Autofahren ist in Bolivien ähnlich wie in Peru:
Augen zu, Verstand aus, Hupe an und durch…und wenn man gerade Richtung Hauptstadt fährt, sind die Straßen noch verhältnismäßig gut...um nicht zu sagen "existent"...
Überraschenderweise sollten wir noch ein bisher nicht
genutztes Verkehrssmittel nutzen: Bootchen fahren war angesagt…Fähre wiederrum
für den Bus:
Auf diesen vollkommen vertrauenswürdig anmutenden Fähren
(State of the Art versteht sich) wurde der Bus rübergeschippert…
Und hier fährt unser Teufelskerl von Busfahrer wirklich auf
die Fähre…
Realistisch betrachtet hätte man erwartet, dass der Bus
drauf fährt und direkt samt Fähre absäuft… aber manchmal ist die Realität
vollkommen anders und Busse schwimmen… ich bin froh, in dem Universum gewesen
zu sein, in dem die Kausalkette nicht meiner Erwartung entsprach (und bin
gleichzeitig neugierig, was unsere kleine Reisegruppe in dem Paralleluniversum
gemacht hat, in dem der Bus samt Fähre wirklich untergegangen ist…)
Das Ganze sollte laut Busfahrer zehn Minuten dauern…die sich
bisher in unseren Köpfen festgefressene Routine sagte uns, dass das dann
gleichbedeutend mit „20 Minuten“ ist…so sollte es dann auch kommen…
Wir warteten einfach im Chillmodus am gegenüberliegenden
Ufer auf die Anschiffung des Busses: von links nach rechts: (sitzend)
meinereiner, ein lebensechtes Double von B., M. und J., (liegend): ein Hund der
noch ne Nummer härter gechillt hat…
Nach erfolgreichem Reboarding schraubte sich der Bus noch
ein paar Höhenmeter hinauf… abermals durchquerten wir endlose Weiten…schoben
sich kleine Dörfchen an unseren Fenstern vorbei und alsbald fanden wir uns in
El Alto wieder… einst ein Teil von La Paz, nun eigenständig und zählt … nun ja…
man weiß es nicht genau…jeden Tag strömen Scharen von Tagelöhnern hinzu…
vorsichtige Schätzungen gehen von 900.000 Einwohnern aus… für chinesische
Verhältnisse noch ein Dorf… klar… aber im Grunde ein Ameisenhaufen… ein
ziemlich dreckiger noch dazu… alle paar Meter versuchen Menschen, ihr mühsam
angebautes Obst und Gemüse zu verkaufen…die Straße hatte für beide Richtungen
zwei Spuren…gefahren wurde auf fünf je Richtung… es dauerte ein wenig und
schließlich öffnete sich das Loch hinterm Horizont: La Paz!
Die Stadt wurde tief unten im Tal gegründet, im Laufe der
Zeit hat der ungebremste Zuzug dazu geführt, dass sämtliche Hänge –größtenteils
wild- bebaut wurden…und diese Hänge erheben sich bis zu 1000m über den
Stadtkern… und als sich der Bus anschickte, vom Rand dieses Kraters hinab in
das wuselnde, magmatische Innere abzutauchen (man…heut bin ich aber
metaphorisch…), stieg der Drang zum Druckausgleich und die Neugier
gleichermaßen an…
Wir hatten Dank einer Empfehlung ein Hostel in einem
angeblich sicheren Viertel bekommen…direkt an einer Seilbahnstation…
Seilbahn? Yepp! Um dem Verkehrskollaps Herr zu werden, hat
man vor zwei Jahren angefangen, Seilbahnen zu bauen (gute österreichische
Qualität wie man uns später nach Erfahren unserer Herkunft versicherte)
Der günstige Fahrpreis von 3 Bolivianos konnte uns nicht
ansatzweise zögern lassen…wir mussten die Stadt einfach von oben sehen…
...was natürlich auch nicht immer nur schöne Aussichten bescherte...aber immerhin einen ehrlichen Blick garantierte...
Hier hat George Lucas beim Erdenken seines Stadtplaneten
Coruscant sicherlich Einiges an Inspiration hergeholt…
Es ist schwer zu fassen: von einer Seite zur anderen Seite
erstreckt sich vom Horizont nach unten diese Stadt… wir sind später wieder im
Dunkeln die Strecke abgegondelt… von oben liegt dieses Meer aus Lichtern so
ruhig unter einem…fast schon friedlich…
Wenn man aber mittendrin ist…und nur versucht, bei „grün“
(für Fußgänger versteht sich) die Straße zu überqueren, der wird schnell von
der Gravitation der Realität auf den Boden der Tatsächlichkeit
zurückgeholt…CHAOS!
Zwei Fahrspuren eingezeichnet, effektiv genutzt werden 17…ein Hupkonzert,
das Seinesgleichen sucht…und in gewisser Weise die gelebte Rechtfertigung für das Durchsetzen von Straßenverkehrsordnungen in westlichen Ländern...
Ein Grundsatz im Universum ist, dass die Entropie
(Unordnung) nur zunehmen kann (so kann beispielsweise eine Tasse zu Boden
fallen und zerbrechen -> mehr Unordnung…aber nicht wieder so fallen, dass
sie sich von selbst wieder zusammensetzen würde)
95% der Unordnung im Universum kommt aus La Paz....mindestens...
Und wie bereits erwähnt: wir haben all unseren Mut zusammen genommen und sind auch im Dunkeln raus... und was ist passiert? NIX
95% der Unordnung im Universum kommt aus La Paz....mindestens...
Und wie bereits erwähnt: wir haben all unseren Mut zusammen genommen und sind auch im Dunkeln raus... und was ist passiert? NIX