nach einer angenehmen Nacht in Akureyri beschlossen wir, weiter nach Nordosten zum idyllischen See "Myvatn" zu fahren. Vorher allerdings wollten wir uns vergewissern, dass das Wetter dort ebenso gut ist wie am aktuellen Aufenthaltsort...womit wir dann wieder mit Anlauf gegen die Sprachbarriere gerannt sind: J. versuchte dem netten Rezeptionisten den Ortsnamen mit englischem Flair näherzubringen und nannte es "Meiwatn"...dem verdutzten Gesichtsausdruck unseres Gegenübers konnten wir entnehmen, dass er es nicht verstanden hatte... mein Versuch: "Müwatn"... auch hier nur große Augen aber nix verstehn... manchmal ist doch ein Fingerzeig die beste Art und Weise, sich zu verständigen... schnell mal auf die Landkarte gezeigt und die Erleuchtung traf den jungen Mann mit voller Wucht: "ach...Miwatn"...
Kurz gesagt: Wetter war gut, Ticket günstig und wir reisewillig... auch am Campingplatz in Akureyri gab es einen kostenlosen Busshuttle in die Stadt... und auch hier war die Eintrittskarte "ja, wir würden gern mit Gesellschaft XY weiterfahren danach" ... XY entsprechend durch den Betreiber des Busses ersetzen...
Das intensive Studieren diverser Reiseführer vor und während der Fahrt lenkte unser Interesse auf einen Campingplatz (Bjarg) direkt am Seeufer...wie er idyllischer nicht hätte sein können...und als idealer Ausgangspunkt für Touren in die Umgebung angepriesen wurde... (ok, das war bei jedem der vorgestellten Orte der Fall...) die Ortschaft nannte sich Reykjahlið und lag am Nordostufer des Sees... die schlecht abfotografierte Karte gibt einen kleinen Überblick:
Nachdem wir angekommen waren, steuerten wir sofort den Zeltplatz an und meldeten uns ander Rezeption an...da noch einige andere Gäste vor uns mit anmelden beschäftigt waren, konnten wir das Procedere schon mal als Unbeteiligte erleben und uns so vorbereiten, auf das was kommen sollte:
Mehrere Minuten Monolog einer unfreundlichen Angestellten (dem Akzent nach Britin) die scheinbar an diesem Tag nicht den besten Tag ihres Lebens erwischt hatte... man muss bis 12 Uhr am nächsten Tag den Platz verlassen, wenn man das nicht tut: Strafgebühr... man muss bis 11 Uhr am Folgetag verlängern, wenn man das nicht tut: Strafgebühr... man darf sich (immerhin...) diverse Sportgeräte ausleihen, wenn man diese aber nicht rechtzeitig oder zu dreckig zurückbringt (jede Minute zählt) .... man ahnt es: Strafgebühr... immerhin durften wir großzügigerweise nach Zahlung der Gebühr (diesmal ohne "Straf") den Platz betreten und dort unsere Zelte aufschlagen... so sah es dort in einer Phase der Ruhe aus...
Wir waren keine drei Minuten am Rande des Platzes und ein Summen drang an unsere Ohren... im ersten Moment erinnerte es ein wenig an eine Formel 1 Übertragung im Fernsehn... aber dort gab es keinen Fernseher (aus Gründen einer Strafgebühr vielleicht...) und auch keine Formel 1... dafür gab es Millionen Mücken...
Wenn niemand sich bewegt oder über die Wiese geht, sitzen die Mücken ruhig im Gras...aber wehe, jemand stört die Ruhe... dann verwandelt sich der Platz in ein laut summendes Meer aus Mücken...
Glücklicherweise waren es "nur" männliche Stechmücken...die stechen nicht sondern nerven nur und machen vor Nase, Ohren, Mund, Augen, Essen, Wassergefäßen und...und und... einfach vor nichts halt wenn es darum geht, reinzufliegen, zu krabbeln oder darauf zu landen...
Der recht freundliche Herbergsvater sah das ganze (wohl gewohnheitsbedingt) recht gelassen und erklärte uns in einem sympathischen Englisch mit starkem isländischen Akzent "ach die armen kleinen Mücken, die stechen doch nicht... sie leben 2-3 Tage lang ein glückliches kleines Leben bevor sie dann als Essen für kleine Entchen enden..."
Leider gab es auf dem Campingplatz nur eine einzige Entenfamilie...für die war das hier sicherlich ein Leben im Paradies: einfach mit offenem Schnabel loslaufen und ab und an mal schlucken... und wenn es irgendwann mal flugunfähige, weil zu fette Enten geben sollte...ich hätte einen guten Tipp, wo man die finden könnte...
Um der Plage zu entkommen, entschlossen wir uns Fahrräder zu mieten... nach einer Einführung zum Thema "macht das mit den Fahrrädern und ihr werdet vor Ort erschossen" (unter anderem durfte man nur auf der Straße fahren...nicht im Gelände... und auch nicht das Gebiet um den See verlassen...) durften wir die Drahtesel in Empfang nehmen...
Natürlich kam uns beiden die langjährige Erfahrung im Umgang mit Fahrrädern zu Gute und wir kamen schnell voran... hier mal ein Foto von J. in Aktion:
Natürlich wurde die Straße vorher komplett gesperrt und das Foto wurde von einem erfahrenen Stuntman, welcher sicher mit beiden Beinen auf dem Boden stand und einen Sicherheitsabstand von drei Metern einhielt und eine Warnweste trug, gemacht...
Bleibt zu erwähnen, dass der See doch recht groß war:
Unterwegs gab es mehrere Aussichtsposten und Möglichkeiten, mit kurzen Wandertouren die Umgebung zu erforschen.... eine dieser kurzen Routen führte uns zu den Pseudokratern:
Alles in allem recht unspektakulär ... aber trotzdem nett anzusehen...
Trotz der Tatsache, dass eigentlich fast alles in Island irgendwie geartetes Schutzgebiet ist, ist man auch hier nicht sicher vor Verschmutzungen jeglicher Art, wie das folgende Foto vom Uferbereich zeigt... dieses Wasser hätte ich nicht trinken wollen:
Unterwegs bot sich landschaftlich ein fast immer ähnliches Bild: schroffe Felsen und von Lava geformte Landschaft mit Ausläufern des Sees...
Eine weitere Kurzwanderung ist "Höfdi" ... ein kleiner Wald am Ufer, welcher für den an Wald gewöhnte Festlandeuropäer irgendwie putzig wirkt, aber auf den die Isländer wahnsinnig stolz sind...
natürlich darf auch das obligatorische Selbstportrait auf einem Felsen vor weiter Landschaft nicht fehlen:
stellenweise mutete der Wald schon etwas dschungelähnlich an...
in Australien gibt es die zwölf Apostel (was eigentlich falsch ist, es stehen noch acht ...) und in Island gibt es diese Formation hier:
Vom höchsten Punkt des Rundweges über dem See konnte man die phantastische Weitsicht genießen:
Letzter Punkt unseres Radtrips: Dimmoborgir...
Hier wurde die Landschaft ebenfalls wieder durch Lava geformt...dieses Mal in Zusammenarbeit mit Wasser, die Kooperation hat diese Lavaschlote wachsen lassen...
...und auch die ein oder andere löchrige Formation:
Zurück im Camp versuchten wir, unser Abendessen mit so wenig Mücken wie möglich zu würzen... was im Grunde vergebliche Mühe war... die suizidären Viecher flogen sogar in die brennende Flamme des Spirituskochers... zu meiner Überraschung war irgendwie finnisches Essen in meinen Vorrat gekommen: es gab wohl Nudeln mit Skogssvamp...
Wenn es "dunkel" wurde, hatte sich das Mückenproblem etwas verbessert... und man konnte einigermaßen ungestört draußen sitzen... J. war schon lange im Zelt am schlafen und ich schaute der Sonne beim Wandern knapp über dem Horizont zu, hier ein Foto um kurz nach Mitternacht:
Kurz danach hab ich dann aber auch den Schlafsack aufgesucht...
Am folgenden Morgen stand das nahegelegene Naturbad auf dem Programm...auf dem Weg dorthin wieder ein Geothermiekraftwerk...auch der Boden zeigte wieder Anzeichen von vulkanischer Aktivität und es dampfte an vielen Stellen... und die Luft war durchzogen vom Schwefelgeruch...
früh morgens waren wir die ersten Kunden im Naturbad...dort hat man einen Krater notdürftig mit Sand und etwas Estrich ausgekleidet, dann lässt man heißes Wasser aus einer unterirdischen Quelle reinlaufen und dank der darin enthaltenen Minerale leuchtet es blau... fertig ist das Gesundheitserlebnis... das Wasser war wirklich sehr warm...und es roch nach faulem Ei... trotzdem war es einigermaßen möglich, zu entspannen und die Aussicht zu genießen...
Fazit Myvatn: landschaftlich ein Genuss...nur die Mücken waren schrecklich... der Campingplatz wäre aber auch ohne sie nicht so sehr zu empfehlen...unfreundliches Personal und stinkendes Wasser haben auch nicht unbedingt dazu geführt, dass wir uns dort wohlgefühlt hätten...