Mittwoch, 31. Juli 2013

lykkja vegur

round and round it goes...Rundweg:

glücklicherweise war das in den Bus geschwappte Wasser nur bis in die Polster der Trage- und Beckengurte meines Rucksacks vorgedrungen, der Rest hielt sein "wasserdicht" Versprechen ein...wie die Zelte gesichert wurden, habe ich ja bereits hinreichend erwähnt und nach einer kurzen Stärkung ging es auch schon los...der Campingkocher hat hier sehr gute Dienste geleistet und wenn man nichts anderes hat, sind auch Fertigprodukte aus der "Junggeselle-kann-ohne-Mama-nix-kochen" Abteilung eine in Betracht zu ziehende Alternative... in der Not frisst der Teufel bekanntermaßen auch Fliegen... 

 

auf Grund der geringeren Heizleistung des Spirituskochers benötigt das Gericht zwar knapp die dreifache Zeit wie mit einem handelsüblichen Herd, aber auf Grund der akuten Herdknappheit wartet man doch gerne und Vorfreude soll ja die schönste Freude sein... (und nein: das ist keine Kritik am Spirituskocher!)

Frisch gestärkt und vom Wetter begünstigt (bescheidenerweise sage ich mal "begünstigt" wenn es nicht regnet) wollten wir die Umgebung erkunden und so fingen wir dann an der "Einfahrt" zum Camp an...diese besteht aus einem nicht allzu tiefen Fluss, so dass hier auch weniger geländetaugliche Reisebusse passieren konnten:


 

Wären dort Gepäckstücke gelagert gewesen (der Bus sieht leer aus) so wären deren Besitzer bestimmt ähnlich überrascht über die Tropfen, die vom Rucksack kommen...

So sah übrigens die Ursprungshütte aus: eine Felsspalte mit ein paar Steinen umringt und ein Dach drüber... sah von innen ebenfalls recht ungemütlich aus...mit dem Zelt hatten wir dann doch die bessere Alternative...



Nach einigem Suchen haben wir dann einen Rundweg gefunden, der uns in 6,2km einmal rund um das Lavafeld (oben auf dem Foto ist die Front zu sehen) führt, welches die zweite Begrenzung des Camps neben dem Fluss darstellt... J. geht schonmal voraus und checkt die Lage während der Autor die Landschaft genießt... abwechslungsreiche Formationen von schroff bis hin zu vom Wasser über viele viele viele (...) Jahre geformt...auch waren viele Farben zu sehen: von braun über grün und rot bis hin zu schwarz und weiß... und bevor ich hier noch 1000 Worte verliere, lieber 5 unkommentierte Bilder, die wesentlich mehr sagen:






nach einer guten Stunde wandern schraubte sich der Weg beachtlich in die Höhe und der kleine Fluss neben dem wir anfangs wandelten ist nun tief unten im Tal... ich bin sehr dafür, dass Fotos bald durch Hologramme abgelöst werden...die Höhe sowie die spektakuläre Fernsicht kommen in 2D nicht wirklich zur Geltung:


...zur Sicherung gab es übrigens maximal ein dünnes Seil...aber wer hier zu nah am Abgrund wandelt ist selbst Schuld...Schwerkraft wirkt auch in Island...


oben auf dem Lavafeld angekommen, zeigten sich bizarre Formen und tiefe Spalten...so erkaltete die Lava kurz nach dem Ausbruch...stellenweise überziehen Moos und Flechten die schwarze Einöde...


recht bald fiel unser Interesse auf die aufsteigenden Rauchschwaden am Horizont...sogenannte Solfatare...diese stoßen lecker Schwefelwasserstoff und CO2 aus... im Grunde mehr was fürs Auge als für die Nase...


hier sieht man, wieso in jedem Tal mindestens 1000 kleine Flüsse fließen: Restschnee taut und bildet kleine Bäche, die sich entweder mit anderen zu größeren Bächen und später Flüssen vereinen oder aber ganz plötzlich im Vulkangestein versickern und woanders wieder zu Tage treten... eine Aussage des Audioguides von der Fahrt (ab und an hab ich halt doch mal hingehört) war, dass "Island" eigentlich "GeschmolzenesEisLand" heißen müsste, da wesentlich mehr Wasser als Schnee und Eis zu finden sei... wie wahr diese Aussage ist, sollten wir aber noch zu spüren bekommen...


an manchen Stellen bildeten sich kleine Seen, die durch verschiedenste Farben auf sich aufmerksam machten:


 ganz oben auf dem Lavafeld hat man eine tolle Aussicht auf das Camp und die heißen Quellen die dort zu finden sind...


von der besagten heißen Quelle habe ich kein Foto gemacht... J. hatte sie als erstes probiert und war begeistert davon... ich für meinen Teil musste mich erst noch überwinden, die etwa 500m Wegstrecke in Badehose bei Windstärke 7 und ebenso vielen Grad Celsius zurückzulegen... irgendwann konnte ich den inneren Schweinehund bezwingen und machte mich auf den Weg... um es kurz zu fassen: herrlich! der Krater wird befüllt von 3 (verdammt) heißen und 3 (schweine) kalten Quellen und die Herausforderung bestand darin, den Platz zwischen drohender Erfrierung und Verbrühung zu finden... nach etwa einer Stunde war ich dann so aufgeheizt, dass der Rückweg kein Problem mehr war...

Schattenseite der stark frequentierten Quelle: viele Leute nutzen diese, ohne sich vorher zu duschen... und dann meist auch noch mit diversen Cremes und Ölen auf der Haut... die Folge davon lässt sich hier ganz gut erkennen: das Abwasser ist überzogen von einem Schmierfilm...weniger schön...


nach dem Badeerlebnis ging es dann auch direkt in den Schlafsack, der folgende Tag sollte früh beginnen...

Montag, 29. Juli 2013

strætó ferðast


Busreise...nach Landmannalaugar




Wie bereits angekündigt war die erste Nacht auf isländischem Boden recht kurz und um 6:00 morgens war wieder Tag...wir bauten die Zelte ab und machten uns auf den Weg...

kurz zu meinem Zelt:

 





auf diesem Foto lässt sich erahnen, was für die nächsten Nächte mein Zuhause sein würde...im gepackten Zustand gut 2 Kilo schwer und handliche 45 x 15 cm klein und ausgepackt sah das dann wie folgt aus:









soweit die von mir gewählte Aufteilung...Keller und Dachterrasse sucht man vergebens, auch die Toiletten und Duschen sind weit (SEHR WEIT teilweise) außerhalb angeordnet...aber sieht doch auf den ersten Blick recht geräumig aus und wird auch als Zelt für zwei Personen angeboten, jedoch auch allein war es dort recht kuschelig...nachts einmal mit Elan und ohne Bedacht umgedreht und schon hat man in der Küche randaliert und wacht morgens Auge in Auge mit der Tütensuppe oder dem Toastbrot auf...

das Ziel der heutigen Etappe: "Landmannalaugar" oder wie der Isländer sagt "Lannmannarolooocha" (sie sind generell etwas verwirrt, wenn man ihre Ortsnamen mit unserer Aussprache kombiniert...)

um das Ziel zu erreichen, mussten wir wieder zum BSI Terminal...glücklicherweise fährt ein kostenloser Shuttlebus vom Campingplatz zum Terminal...die wissen schon, was sie an ihren Touristen haben...

Um allerdings vom Terminal nach Landmannalaugar zu kommen, mussten wir in einen höher gelegten Allrad-Geländebus steigen:

 




Gepäck unten rein und Passagiere drüber...warum diese Konstrukton, wo doch überall einsteigefreundliche Niederflurbusse gern gesehen werden?

Auf Island gibt es drei Arten von Straßen:

1. Kategorie: vergleichbar mit unseren Bundesstraßen

2. Kategorie: weniger hochwertig, schmaler, vergleichbar mit unseren Landstraßen

3. Kategorie: Schotterpiste die sich oft nur durch die Pfosten an ihren Seiten vom Rest der Landschaft abhebt... Brücken nur wo es unbedingt notwendig ist...

und Straßen der dritten Kategorie muss man befahren, um nach Landmannalaugar zu kommen...

so fuhren wir also bei strömendem Regen los in die grüne Weite...alle Bilder habe ich durch die verdreckten Busfenster gemacht...also nicht über Spiegelungen und Flecken wundern...


 



der Bus hatte einen Audioguide, welcher interessantes und wissenswertes über Island erzählte...allerdings schien der Erzähler wohl ohne jegliche Vorbereitung und recht spontan zu dem Job gekommen zu sein...in etwa: "Ey erzähl ma grad was über die Strecke hier" - "ok..."

Es ging fast die komplette Fahrt (4 Stunden) wie folgt: "dort drüben sieht man Gras...ähm...und ähm dieses Gras ist äh...grün...und es ist äh grün...ähm weil es viel regnet in Island...und deshalb ähm wird das ähm Gras ähm gut mit Wasser versorgt...und dort drüben sind ähm Berge...und diese äh Berge sind ähm hoch... und weil sie ähm so hoch sind...liegt ähm auch im Sommer äh Schnee auf äh diesen Bergen..."

entweder man ignoriert den Kommentar nach ner Weile oder man springt bei voller Fahrt aus dem Bus...ich habe mich nach reiflicher Überlegung für die erste Variante entschieden...

Island ist stolz auf seine Wälder...nur gibt es davon leider nicht mehr viele, da während der Landnahme alles abgeholzt wurde um Brennholz zu gewinnen...irgendwann hat man festgestellt "scheiße, Holz alle" und diese Erkenntnis regte zum Umdenken an...mittlerweile werden fast überall im Land kleine Wäldchen aufgeforstet, gehegt und gepflegt... so wie dieser hier:



 



 und ja: die Isländer nennen sowas "Wald"...

es war recht diesig, nass und nicht einladend...und irgendwann wechselte die Landschaft von einem satten grün zu einem eher gräulichen Farbton:


 

die "Straße" entstand übrigens im Laufe der Zeit durch Nachahmung: einer ist vor langer Zeit mal mit einem noch geländetauglicheren Fahrzeug (an manchen Stellen auch notwendig) vorgefahren und hat die ausgelatschten (-gefahreren) Pfade der Zivilisation verlassen und neue Wege gesucht...dann haben andere das nachgemacht und zack: eine neue Straße, schnell gelbe Pfosten hinstellen bevor der Winter kommt...fertig! (Der Schnee liegt im Winter generell höher als die gelben Pfosten hoch sind, aber mit Pfosten findet man die Straße nach dem Tauwetter leichter wieder...)


und nach einiger Zeit, wir mochten es selbst kaum glauben, bekam der Wolkenteppich Risse:


 


 diese Risse wurden größer und größer und allmählich wurde es freundlicher...und wir gewannen stetig an Höhenmetern und waren bald mitten im tiefsten Hochland und wurden doch recht gut durchgeschüttelt...






kurzer Technikeinschub am Rande:

 während man in Deutschland beispielsweise bei Zügen viel Geld in die sogenannte Neigetechnik steckt, um Kurven schneller durchfahren zu können, nutzt man in Island die natürliche Neigung der Landschaft aus... 


 


und unser Busfahrer, dieser Teufelskerl, war fleißig am SMS tippen und telefonieren...und mit links (im wahrsten Sinne des Wortes) lenkte er uns trotzdem noch souverän durch die Höhen und Tiefen Islands...

 




nun zu dem Grund warum ich eben das Thema "Brücke" explizit erwähnt hatte:






 es gibt so gut wie keine im Hochland... von unserem Standpunkt aus mussten wir nach links oben ans Ufer... das Wasser an dieser Furt war maximal einen halben Meter tief, allerdings gab es auch Flüsse, die gut einen Meter tief waren und in Schrittgeschwindigkeit durchquert wurden... leider war das Gepäckfach etwas tiefer als einen Meter über dem Boden und so schwappte phasenweise Wasser hinein und mein Rucksack nahm es dankend auf...

nach insgesamt gut vier Stunden Fahrt erreichten wir dann schließlich Landmannalaugar:

 




 Camping mitten im Nirgendwo...für die privilegierten eine beheizte Hütte...der Rest muss draußen bleiben... so wie wir:

 

der Boden ist steinig und hart, die Heringe deshalb im Grunde nur Verzierung...es liegen Steine bereit um die Zelte gegen den Wind zu stabilisieren...das haben wir dann auch getan...und das war auch gut so...der Wind war stark und kalt... und nach einer kurzen Stärkung machten wir uns zu einer kleinen Wandertour auf...

Samstag, 27. Juli 2013

Formáli

Prolog - Wenn einer eine Reise tut

Der Tag der Abreise ist gekommen, der Rucksack ist gepackt und alles in allem kratzt meine komplette Ausrüstung knapp an der 14 Kilo Marke, also samt dem später noch zuzurechnenden Wasservorrat von 2 Litern bei 16 Kilo...ideale Voraussetzungen für...

ja was eigentlich?

Ich habe mich von meinem Kumpel J. anstecken lassen und begebe mich in einen Wanderurlaub (neuhochdeutsch auch "hiking" genannt") nach Island... pure Natur...einfach mal abschalten...die Bilder die J. mir präsentierten, zeigten eine wilde Landschaft und versprachen grandiose Ausblicke... die Reiseführer die ich dann zu dem Thema gelesen hatte, glänzten ebenfalls mit tollen Bildern und vollmundigen Versprechungen...

Der Plan sah also wie folgt aus:


soweit zum Plan...der Abflug erfolgt von Düsseldorf und die Anreise dorthin erfolgt im ICE der Deutschen Bahn AG...für pulserhöhenden Nervenkitzel ist also gesorgt...

Ich habe extra so geplant, dass 2 Stunden Puffer eingebaut sind um auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein...je länger die Fahrtstrecke, desto größer die Gefahr einer Störung...

Mein Kumpel J. hatte sich schon 3 Tage vorher auf den Weg nach Island begeben und hatte mich dann 2 Tage vor meiner Abreise per SMS informiert: "pack dir Regensachen ein"... na Klasse! Mit Regen hatte ich nicht wirklich gerechnet und außer einer Softshelljacke hatte ich auch nichts wasserdichtes in petto...in der Hoffnung auf Wetterbesserung vertraute ich auf die bereits erprobten Fähigkeiten der besagten Softshelljacke und packte vorsichtshalber noch einen blauen Sack ein, welcher in wenigen Minuten in eine Regenjacke umfunktioniert werden kann (alter Festivaltrick...)

Leider wurde das Wetter nicht wirklich besser und für die Nacht meiner Ankunft prognostizierte der isländische Wetterdienst vedur.is angenehme 15°C und Regen...

Also alle die mal ausnahmsweise gutes deutsches Sommerwetter gegen nordisch raues und nass-kaltes Wetter eintauschen: Hand heben... ich zählte nicht viele...

Der Zug an sich war voll mit Wochenendpendlern, Bundis und Bufdis, Touristen und ähnlichem Gefolge...Ferien sind deutlich spürbar...mein handlicher 85 Liter Rucksack zieht neugierige Blicke auf sich...die Klimaanlage versagte nicht und fast lautlos näherte ich mich Düsseldorf...

Allerdings wäre eine Anreise ohne Zwischenfälle ja langweilig...aus diesem Grund bescherte das Schicksal nicht einen...nein gleich 2 Zwischenfälle: ein etwa 15-minütiger außerplanmäßiger Halt wegen Personen im Gleis und nochmal knapp 20 Minuten an einem Unterwegsbahnhof wegen Notarzteinsatz im Zug...es war wie in einem schlechten Film: statt der Frage "ist hier zufällig jemand an Bord, der Lokführer ist?" kam die Frage "ist zufällig ein Arzt an Bord?" ... es war natürlich niemand an Bord und so wurde entsprechend beim nächsten Halt der gefragte Arzt zugeführt...somit war mein Anschlusszug weg, mein Puls etwas höher und mein smartes Telefon im Einsatz um mögliche Ersatzzüge auszuloten...

Im Endeffekt konnten nochmal ein paar Minuten aufgeholt werden und ich erreichte den Flughafen Düsseldorf eine Stunde später als geplant aber immernoch rechtzeitig...Check-In und Gepäckaufgabe verliefen ebenfalls problemlos und schon bald saß ich in einem schmucken rot-weißen Flieger von airberlin und wurde gen Norden geflogen...immer Richtung Sonne...pünktlich um 22:00 Ortszeit setzte der Pilot die Maschine butterweich und gefolgt vom obligatorischen Applaus (ob die auch klatschen wenn der Busfahrer erfolgreich an der nächsten Haltestelle hält???) auf der amerikanischen Kontinentalplatte auf...

ja...kleiner Klugscheiß am Rande: der Flughafen Keflavik und die dazugehörige Halbinsel befinden sich auf der amerikanischen Kontinentalplatte, welche bei Island an die eurasische Platte trifft...und sich von ihr weg bewegt...

zurück zum Thema: es regnete wie angekündigt...Passkontrolle zu solch später Stunde wollte sich scheinbar niemand antun und so konnte ich unkontrolliert einreisen... schnell Geld besorgen und dann erstmal anstehen um den Bus nach Reykjavik zu bekommen... die Aussage des Betreibers "right outside the building" (einfach vor dem Gebäude) ist wenig zielführend, wenn das Gebäude vier Ausgänge hat und man selbst (natürlich) erstmal an 2 der 3 falschen Ausgängen steht... 

auch andere wollten den Bus nehmen:


mittlerweile hatte es zum Glück aufgehört zu regnen und wie man sieht: 0:00 Ortszeit und es ist nicht wirklich dunkel... nach gut 90 Minuten Fahrt und dem Rauswerfen diverser Hotelgäste kam ich dann am BSI Terminal an, einer der Dreh- und Angelpunkte des isländischen Busverkehrs... dort wartete J. bereits auf mich und wir wanderten zum Campingplatz...einmal quer durch die City von Reykjavik...und es wurde langsam wieder heller...gegen 3:00 etwa rollte ich mich in meinen Schlafsack ein und verbrachte die erste kurze Nacht auf isländischem Boden...

drei Stunden später sollte wieder Tag sein...

dieser Beitrag ist ausdrücklich nicht den Idioten gewidmet, die bei der Hinfahrt in den Gleisen rumgerannt sind!