Das Bild gehört zum Quasi-Standard in fast jedem vietnamesischen Restaurant: eine malerische Bucht mit smaragdgrünem Wasser, einigen verträumten Booten und es erheben sich unzählige (offiziell über 1900) steil aufragende, grüne Kalkfelsen: Ha Long Bay, UNESCO Weltkulturerbe und DER Touristenmagnet in Vietnam. Selbstverständlich wollten wir das auch sehen und so kamen wir nicht umhin, eine Schiffstour zu buchen. Wie so oft in eher weniger westlich geprägten Ländern ist die Preisangabe in Prospekten mehr als eine Art Richtlinie zu betrachten und gestaltet sich oftmals nach einem sehr einfachen "Bonus-Malus-Prinzip": Bonus für den Verkaufsagenten wenn einer den Preis ohne Verhandlung zahlt - Malus für den Touristen, der den Preis ohne Verhandlung zahlt...
Touren gibt es in jeglichen Komfortklassen - von "ohne Schwimmweste besser nicht" bis "ich bin so reich, ich pisse Glitter"...und die Prospekte und Angebote der einzelnen kleinen Geschäfte (keins davon war übrigens ein reines Reisebüro, alle waren eher Kiosk mit Schalter für Touren) waren wild bebildert mit den schönsten Panoramafotos, fröhlichen Menschen, einsamen Fischerbooten und schneeweißen Stränden... mit anderen Worten der verlängerte Arm der Vietnamrestaurantpropaganda...
Die 100€ Ganztagestour unseres 4-Sterne Hotels (man gönnt sich ja sonst nichts ;-) ) haben wir trotz überzeugenden Argumenten seitens der Hotelmannschaft dankend abgelehnt und nach einem halben Tag Schlendern an der Promenade von Tuan Chao (eine kleine Insel nördlich von Ha Long Bay, in der Nebensaison sehr ruhig und nicht überlaufen) konnten wir eine Halbtagestour dank geschicktem Taktieren ("aber zwei Häuser weiter gibts das billiger" und "oooook, wir überlegen uns das nochmal") für 30€ pro Person incl. Mittagessen und 3 Landgängen rausholen. Da die Schiffe sowieso alle mehr oder weniger gleich aussahen, war das Abenteuer besiegelt...
Fansipan Mountain durften wir noch mit gutem Wetter erleben, es holten uns aber die Wolken ein und wir begaben uns bei weniger werdendem Sonnenschein früh morgens pünktlich aufs Boot.
Fangen wir nun mal mit der Demontage der Propagandabilder von Ha Long Bay an:
1. Die Ausflugsboote sind nicht immer moderne Katamarane und trotz der Tatsache, dass man sicherlich versucht hat, ein wenig traditionelles Flair reinzubringen (oder anzuzimmern...):
Der Lack ist ab und modern ist anders - nennen wir es mal "rustikal" und mit eigenem Ameisenvolk (oder waren es Termiten...?) Auch eine halbe Stunde nach offiziellem Startzeitpunkt waren mehr Crewmitglieder als Passagiere an Bord:
Fangen wir nun mal mit der Demontage der Propagandabilder von Ha Long Bay an:
1. Die Ausflugsboote sind nicht immer moderne Katamarane und trotz der Tatsache, dass man sicherlich versucht hat, ein wenig traditionelles Flair reinzubringen (oder anzuzimmern...):
Der Lack ist ab und modern ist anders - nennen wir es mal "rustikal" und mit eigenem Ameisenvolk (oder waren es Termiten...?) Auch eine halbe Stunde nach offiziellem Startzeitpunkt waren mehr Crewmitglieder als Passagiere an Bord:
...und innen sah es ein bisschen aus wie in einem Asia-Restaurant - die idyllische Einsamkeit ist nicht gestellt - wir hatten das Boot für uns allein...
Eine verspätete -höchst wahrscheinlich japanische- Familie mit zwei kleinen Kindern gesellte sich dann letztlich doch noch zu uns und mit 6 Gästen an Bord legten wir ab.
Natürlich waren die Wolken genau über der Bucht versammelt...
Fakten - Fakten - Fakten:
2. Es ist nicht ganz so malerisch wie es auf den Bildern wirkt - im Gegenteil: das Prinzip der massiv überfüllten Straßen der Großstädte setzt sich hier fort: Gleich am ersten Stopp bereits 26 Boote vor Ort - und alle wesentlich voller als unsere Nussschale...
Auf dem Weg dorthin wurden wir übrigens von der unheimlich freundlichen japanischen Familie adoptiert und mit leckeren Schokowaffeln versorgt - teilweise spielte der Vater auch Dolmetscher von "vietnamesisch-englisch" in "mehr-englisch"...
Besagter erster Stopp war eine Höhle, deren Inneres bunt beleuchtet wurde (der Tourist mag das so):
Das ganze war schon recht imposant, allerdings auch (man erinnere sich an die 26 anderen Boote) recht überfüllt und gewisse Verbote waren recht ... naja... "kreativitätsberaubend".
Für die komplette Tour durch die Höhle hatten wir sportliche 30 Minuten Zeit und mussten unser Schiff (welches -Uniformität sei Dank- etwa genauso aussah wie alle 26 anderen) auch am Ende an anderer Stelle wieder finden...Orientierungs- und Schiffwiederfindetraining: Haken dran! Dann ging es tuckernd weiter...
Stopp Numero Zwo bot interessierten Gästen die Möglichkeit für viel Geld mit abgeranzten Kanus eine Paddeltour um die naheliegenden Felsen zu machen. Da weder Corinna noch ich Lust auf Paddeln hatten, wir aber warten mussten, bis unsere neue Familie wieder von selbiger Aktivität zurück kam, genossen wir das Panorama auf dem Sonnendeck...auch ohne Sonne. Man gab unserer neuen Familie genau 30 Minuten Zeit zum Paddeln...
Die anfangs etwas distanzierte Crew wurde mit der Zeit immer zutraulicher und unser erster Offizier, Ingenieur (wie gesagt: alles was fährt oder schwimmt hat in Vietnam jemanden an Bord, der es reparieren kann) UND Koch hat mir dann mit nicht zu übersehendem Stolz erzählt, dass in diesem Gebiet sehr viele Filme gedreht wurden. Unter anderem der sehr berühmte "Chi Chong". In meiner bekannt liebenswürdigen Art nickte ich anerkennend und erfuhr auch, dass es einzelne Felsen auch auf die hiesige Währung geschafft hatten.
Günther Jauch WWM Faktenwissen: Check!
Stopp Numero Drei sollte an der schönsten Insel in der ganzen Bucht stattfinden, Traumstrand und unvergesslicher Ausblick von der Panoramaplattform auf dem Gipfel...das weckte eine gewisse Erwartungshaltung...all das durften wir erleben in (ja richtig...) 30 Minuten....
Fahren wir fort mit der Demontage der Werbebroschüren:
3. die Strände sind alles andere als schneeweiß und nicht mit sportiven Menschen bevölkert, die Beachvolleyball spielen...
Genauer gesagt hatte die Sportausrüstung am Strand ihre besten Jahre schon hinter sich - vielleicht eine Art Freilichtmuseum der späten 70er...
...und am Strand fand sich diese -wahrscheinlich japanische- Gesangs- und Tanzgruppe ein...
Wenn man kein Wort versteht, wirkt das auf den kulturbanausen Zuschauer ähnlich wie das Wasserpuppentheater...nur weniger dramatisch...
Wir nahmen dann noch die etwa 500 Stufen bis zur Aussichtsplattform mit sportlicher Eleganz und Leichtigkeit im Aufstieg (...) und wurden dafür -trotz bescheidenen Wetterverhältnissen- mit einem wirklich tollen Ausblick belohnt:
Wie man sieht, kann man tatsächlich Bilder machen, auf denen es aussieht, als wäre NICHTS los in der Gegend ;-) könnte aber auch am schlechten Wetter gelegen haben...
Nach dem Stopp auf der Insel gab es Mittagessen an Bord. Da wir zu Beginn der Fahrt die Küche unauffällig in Augenschein genommen hatten, stand die Überlegung im Raum, ob wir überhaupt was essen - glücklicherweise haben wir uns doch dazu durchgerungen...es war neben den Suppen in Ho-Chi-Minh City das beste Essen der ganzen Reise. Frischer Fisch, frische Muscheln, Wasserspinat, Reis und Gemüse mit scharfer Soße. Traumhaft!!!
Danach war dann für die Crew mehr oder weniger Feierabendstimmung angesagt: der Kollege am Steuer hörte Musik, das gelbe auf dem folgenden Foto ist eine Bierdose und mit den Füßen auf dem Steuerrad lenkte er uns nach Hause...
Übrigens: alle vorab geäußerten Bedenken waren grundlos: das Schiff hatte noch TÜV...
Und nochmal zum Thema "Massentourismus": auf dem Weg zurück in den Hafen war es schon wieder recht voll... nach ca. 30 Schiffen hab ich aufgehört zu zählen...
Zu guter letzte hatte mir dann unser neuer Ziehvater die Sache mit den Filmen nochmal verständlich erklärt: Der berühmte Film, der dort gedreht wurde, war "King Kong"... wieder was gelernt - sowohl Faktenwissen wie auch Hörverständnis...
Fazit: schön wars - aber: wie überall wo in Vietnam Touristen hingekarrt werden, gab es auch hier auf jeder Insel etwa drei Souvenierläden und dort überteuerte Verpflegung und wertlosen Ramsch zu kaufen, das Wasser um die Inseln ist nicht mehr wirklich sauber und die Inseln selbst vermüllen zunehmnd...vielleicht sollte man es machen wie Peru mit Machu Picchu und nur noch eine begrenzte Anzahl an Touristen pro Tag zulassen...dann hat man bestimmt noch ein bisschen länger an diesem Fleckchen Erde...Man muss hier nicht viel Geld ausgeben, um ein kleines Abenteuer zu erleben.... :-)